»Letzten Sommer habe ich einen elfjährigen Jungen ermordet. Er sagte, sein Name sei Helge Holmlund aus Hebberschålet im oberen Kåge Tal, Nord Västerbotten. (…) Während ich die Kleidung des Jungen verbrannte, fand ich einen dicken Stapel Tapetenstücke, gepresst in seinen ranzigen Rucksack. Jedes dieser Stücke war in ungleichmäßiger Kinderhand vollgeschrieben, jedes Wort in einer anderen Farbe. Als ich mich durch diese Fragmente durcharbeitete, verschlug es mir die Sprache. Eine schöne neue Welt eröffnete sich vor meinen Augen- eine Welt von widerwärtigem Genuss und verstörender Abscheulichkeit- mit der Kraft mich zu berühren, wie ich es nicht mehr für möglich gehalten hatte. Lächelnd über seine Frechheit, weinend über seine zarte Empfindsamkeit, zitternd vor bedauern und von Wut paralysiert sortierte ich diese groben Fragmente und organisierte sie als Reihe widerwärtig verführerischer Geschichten, jede einzelne geschrieben von dem toten Jungen.«

Äldreomsorgen i Övre Kågedalen, Nikanor Teratologen

Äldreomsorgen i Övre Kågedalen, grob als Altenpflege im oberen Kågetal zu übersetzen, wurde 1992 unter dem Pseudonym Nikanor Teratologen veröffentlicht und provozierte durch seine überschäumende Sprache der Gewalt und menschlicher Grausamkeit. Mehrere schwedische Autoren wurden hinter dem Pseudonym vermutet, bis das literarische Werk schließlich dem 27 jährigen Autor Niclas Lundquist zugeschrieben werden konnte. Der Roman erhielt positive Kritik, bis er 2016 hinterfragt wurde, als man den Autor Niclas Lundquist mit dem Benutzerkonto Ezzelino im online Forum Flashback in Verbindung bringen konnte. Ezzelino ist ein Benutzerkonto das für seine fragwürdigen Äußerungen – nicht selten antisemitisch – bekannt ist.

In der ehemaligen Spielhalle in den verlassenen City Passagen Wiesbaden haben Theda und Julian Nilsson-Eicke und ihr Team ein Labyrinth aus fiktiven Film Studios erstellt.

In diesen Studios spielte das Team für die gesamte Dauer der Wiesbaden Biennale Szenen, die sowohl auf dem Text »Äldreomsorgen i Övre Kågedalen« basierten, als auch mit den Texten vom Benutzerkonto Ezzelino vermischt wurden. Tag und Nacht für 14 Tage konnten die Zuschauer entweder über die für dieses Projekt erstellte Online Plattform oder als Zuschauer vor Ort an diesen Szenen teilhaben und mit ihnen interagieren.

Mit

Lena Bösch, Pierre Emö, Carlotta Monty Meyer, Marian Mutschlechner, Theda Nilsson-Eicke, Julian Nilsson-Eicke, Ute Reintjes und Pia Wurzer

Konzept

Theda Nilsson-Eicke

Regie

Theda und Julian Nilsson-Eicke

Text

Nikanor Teratologen, Ezzelino – Flashback, Theda und Julian Nilsson-Eicke mit Lena Bösch, Pierre Emö, Carlotta Monty Meyer, Marian Mutschlechner, Ute Reintjes und Pia Wurzer

Bühnenbild

Theda und Julian Nilsson-Eicke

Bühnenbild Mitarbeit

Mayan Frank und Theresa Lechner

Kostüm

Lena Bösch 

Haar

Sara Mathiasson

Musik und Sound Design

Jacob Suske

Medien Technik

Ben Brix

Web Development

Katarina Popovic

Produktionsassistenz

Carlotta Monty Meyer

Fotografie und Video

Jeva Griskjane, Luca Fuchs, Carlotta Monty Meyer and Jacob Klaffs 

Im Gedenken an
Maria Magdalena Ludewig
26. März 1982 – 31. Dezember 2018